Die Schornsteinfeger im Lahn-Dill-Kreis wollen am 6. Juli gegen die heimischen Heizungsinstallateure Fußball spielen. Für einen guten Zweck. Das beruht auf einer alten Tradition.
Die nicht alltägliche Auseinandersetzung findet auf dem Frohnhäuser Fußballplatz statt: Schornsteinfeger gegen Heizungsinstallateure. Ein Wettkampf in traditioneller Arbeitskleidung, aber mit freundschaftlichem Hintergrund. Ein Gegeneinander, das ein Miteinander symbolisiert. Ein Miteinander für einen guten Zweck: Spenden für krebskranke Kinder. Termin für dieses ungewöhnliche Derby ist der 6. Juli.
Bei diesem Benefizspiel treten die „Glücksbringer“ in ihren traditionellen schwarzen Oberteilen – genannt Koller – mit den markanten zweireihigen Knöpfen an. Darum gewickelt ist der passende Ledergürtel – das Koppel. Natürlich dürfen auch Mundtuch und Zylinder nicht fehlen. Ob der beim Spielen auf dem Kopf bleibt, steht noch in den Sternen.
In Sachen traditioneller Kleidung könnten die SHK-Handwerker (Sanitär-, Heizungs- und Klimatechnik) „nicht so punkten“, sagt Frank Kauferstein, Inhaber eines SHK-Betriebs im Haigerer Stadtteil Langenaubach. In dem Handwerk sei der klassische Blaumann aus der Mode gekommen. Stattdessen könnte sich womöglich Berufsbekleidung einer bekannten Firma mit Hauptsitz in Biebergemünd auf dem Fußballplatz durchsetzen.
Die Idee für ein solches Benefizspiel schlummert schon seit etwa 20 Jahren in Schornsteinfegermeister Daniel Haas. Denn er ist überzeugt: „Fußball verbindet, Handwerk verbindet.“ Daher wollte der begeisterte Fußballer aus dem Dillenburger Stadtteil Frohnhausen, seit er ein junger Geselle war, eine eingeschlafene Tradition in etwas anderer Form neu beleben. Alter Brauch war ein Fußballspiel von Schornsteinfegern gegen Bäcker. Schwarz gegen weiß. Geworfen wurde mit Ruß und Mehl.
„Das war unheimlich schön“, erinnert sich Schornsteinfegermeister Alexander Schwarz, der vor etwa 25 Jahren bei solch einem Spiel gegen die Bäcker dabei war. Neben dem großen Spaßfaktor sei auch damals schon Geld für krebskranke Kinder gesammelt worden. Doch irgendwann schlief die Tradition dieses Wettkampfs ein. Durch das vermehrte Aufkommen von Industriebäckereien sei es immer schwieriger geworden, junge Bäcker für diesen Wettkampf zu finden.
Bei der geplanten Neuauflage der Benefizaktion kam den Schornsteinfegern der gute Draht zu den Heizungsinstallateuren zugute. Diese Nähe zwischen den beiden Gewerken werde sowieso immer relevanter, sagt Frank Kauferstein. „Gebäudeenergietechnik wird immer komplexer. Da ist es wichtig, dass man sich gut versteht“, so der Heizungsmonteur aus Langenaubach. „Das eine geht nicht ohne das andere.“
Und noch ein anderer Aspekt überzeugte Kauferstein, als Schornsteinfegermeister Daniel Haas mit seiner Idee an ihn herantrat. „Wir sind beide Fußballer über viele Jahre gewesen“, sagt Kauferstein und lacht. Da seien direkt alle Türen und Tore offen gewesen.
Hinzu kam der gute Zweck: Schnell war klar, das Benefizspiel soll zugunsten der „Glückstour“ sein. „Eine der größten privaten Spendenaktionen Deutschlands“, sagt Haas. Und dieser Verein ist sogar von Schornsteinfegern organisiert. Seit rund 20 Jahren fahren die Schornsteinfeger jährlich mit dem Rad durch Deutschland, um Spenden zu sammeln, die dann auf möglichst direktem Wege krebskranken Kindern zugutekommen.
„Wir gehen in alle Häuser“, sagt Alexander Schwarz. „Von Leuten, denen es sehr gut geht, aber auch von Leuten, denen es nicht so gut geht.“ Man wolle den Menschen etwas zurückgeben. „Man will helfen, man will was Gutes tun“, sagt Schwarz. Max Thieme, genauso wie Schwarz und Haas im Vorstand der Kreisgruppe der Schornsteinfeger im Lahn-Dill-Kreis, sagt: „Das macht einem teilweise bewusst, dass es ein Privileg ist, gesund zu sein.“
An Mitspielern dürfte es beiden Teams am 6. Juli wohl nicht mangeln. „Da sind Leute mit Feuer und Flamme dabei“, sagt Haas. Nachdem die Aktion über soziale Netzwerke verbreitet wurde, sei sie fast ein Selbstläufer gewesen. Sofort hätten sich Mitarbeiter beider Gewerke freiwillig gemeldet. Auch überregional fand die Idee Anklang. Falls die Sache gut ankommt, wird das Benefizspiel wohl kein einmaliges Ereignis bleiben.
Da ein solches Spiel jedoch zum ersten Mal stattfindet, sei es unklar, ob 250 oder über 1000 Leute kommen, sagt Haas. „Ich glaube fast, dass die 1000 machbar wären“, spekuliert Kauferstein. Wenn man bedenke, dass es etliche Handwerksbetriebe im Kreis gibt und alle Handwerker möglichst ihre Familien mitbringen. Schließlich soll die Veranstaltung ein Familientag werden.
Neben Hüpfburg sowie Essen und Trinken soll es eine große Tombola geben. Einige Betriebe und Firmen hätten schon bereitwillig Preise zur Verfügung gestellt. Laut Kauferstein sei es fast schon ein Automatismus gewesen, dass sich Unternehmen beteiligt haben. Der gute Zweck kommt also auch außerhalb der Handwerkerschaft gut an.
Natürlich soll der Tag aber auch junge Leute für die beiden Gewerke begeistern. So können Interessierte am Familientag beispielsweise eine VR-Brille aufsetzen, die den Arbeitsablauf eines Schornsteinfegers erlebbar macht.
Die ursprüngliche Tradition des Freundschaftsspiels wird also modernisiert. Dass während des Spiels mit Ruß und Mehl geworfen wird, geht sowieso nicht mehr auf. „Wir wissen noch nicht, was die nach uns schmeißen würden“, sagt Schornsteinfeger Haas schmunzelnd. „Wir haben schon so ein, zwei Ideen, die werden wir aber noch nicht verraten“, entgegnet Kauferstein und lacht.